Blutdoping stellt eine Manipulation mit Bluttransfusionen zur Erhöhung der Transportkapazität des Blutes für Sauerstoff dar. Die rasche Zufuhr von Erythrozyten führt zu einem Anstieg der Hämoglobinkonzentration bzw. des Gesamtvolumens der Erythrozyten. Dieser Anstieg muss mehr als 5% betragen, soll es zu einer Verbesserung der Sauerstofftransportkapazität und somit zu einer Steigerung der Ausdauerleistungsfähigkeit kommen (Gledhill 1982).
Nach den Olympischen Spielen 1976 in Montreal kam erstmals die Diskussion auf, dass Langstreckenläufer mit Bluttransfusionen ihre Ausdauerleistungsfähigkeit verbessert hätten. Der Finne Kaarlo Maaininka, bei den Olympischen Spielen 1980 in Moskau Silber- und Bronzemedaillengewinner über 10.000m und 5.000 m, gab zu, kurz vor den Rennen von seinem Teamarzt Blut erhalten zu haben. Nach den Olympischen Spielen von Los Angeles 1984 bezichtigten sich 7 amerikanische Radrennfahrer, darunter 4 Medaillengewinner, dass sie mit Bluttransfusionen ihre Leistungsfähigkeit verbessert hätten. Dieses wurde durch eine Untersuchung des amerikanischen Radsportverbandes bestätigt. 1986 hat das IOC Blutdoping auf die Liste der verbotenen Methoden gesetzt. Nach den Weltmeisterschaften im Nordischen Skilauf in Oberstdorf 1987 wurde der Amerikaner Lynch disqualifiziert und verlor seine Silbermedaille. Er hatte sich selbst des Blutdopings bezichtigt.
Zur Einschätzung der Ausdauerleistungsfähigkeit von Radrennfahrern kann der Stundenweltrekord auf der Bahn herangezogen werden. 1972 fuhr Mercks 49,431 km; 12 Jahre später verbesserte Moser den Rekord um 1.720 m. Er wurde bei seinen Versuchen von zwei Kardiologen und von acht 18–20 Jahre alten Männern begleitet, die seine Blutgruppe aufwiesen (Brien 1987). Zwischen 1993 und 1996, in der EPO-Zeit, wurde der Stundenweltrekord 7-mal letztendlich um 4.779 m auf 56,357 km verbessert.
Experimentelle Untersuchungen
Erste brauchbare experimentelle Untersuchungen mit Eigenbluttransfusionen stammen von Ekblom 1972. Während der Trainingsphase wurde 3 Studenten 800 ml Blut und 4 Studenten 3 x 400 ml in Abständen entnommen. Durch eine 4 Wochen später erfolgte Erythrozyten-Rücktransfusion konnte die maximale Sauerstoffaufnahme in der »800-ml-Gruppe« um 9% gesteigert werden. In beiden Gruppen ergab sich – sowohl nach Blutentnahme als auch nach Reinfusion – ein enger Zusammenhang zwischen der Hämoglobinkonzentration und der maximalen Sauerstoffaufnahme bzw. der Arbeit auf dem Laufband bzw. Fahrradergometer.
Berglund zeigte mit 2 Gruppen von gut trainierten Skilangläufern, dass eine Reinfusion von 1.350 ml Blut nach 4 Wochen zu einer deutlichen Leistungssteigerung im Vergleich zur Voruntersuchung wie zur Kontrollgruppe führt. 3 Stunden nach Infusion betrug die Verbesserung der Laufzeit über 15 km 5,3%, nach 2 Wochen waren es noch 3,1% gegenüber der Kontrollgruppe.
Die verbesserte Leistungsfähigkeit entspricht der Erhöhung der Hämoglobinkonzentration um 4,2 bzw. 2,3%. In Laufzeit umgerechnet heißt dies, dass 3 Stunden nach Reinfusion über eine Distanz von 15 km 2,5 Minuten und 2 Wochen später 1,5 Minuten schneller gelaufen wurde. Bei den Weltmeisterschaften 1985 entsprach dieser Zeitunterschied der Differenz zwischen dem 1. und 10. bzw. dem 1. und 5. Platz (Berglund 1987 [2]). Zu ähnlichen Ergebnissen kam Brien (1987) mit 10.000-m-Läufern der Kategorie 32–33 Minuten. Seine 9 Probanden verbesserten ihre 10.000-m-Zeit im Mittel um 69 Sekunden nach Reinfusion von 2-mal 400 ml Eigenblut. Gledhill (1982) stellte nach der Literatur folgende Kriterien für ein »erfolgreiches« Blutdoping zusammen:
- Wenigstens 900 ml Blut müssen entnommen und tiefgekühlt aufbewahrt werden.
- Die Reinfusion erfolgt nach 6–8 Wochen. So kann sich in der Zwischenzeit die Hämoglobinkonzentration wieder aufbauen.
Die Weiterentwicklung der Technik des Eigenblutdopings führte u. a. zu folgendem Schema:
Blutentnahme, Trainingsabschnitt, nach 3 bis 4 Wochen zweite Blutentnahme und Reinfusion der ersten Entnahme anschließend Trainingsabschnitt.
Dieses Schema wird bis an den Wettkampf geführt. So bleiben die »Blutwerte« im Normbereich. Es kann unter voller Belastung trainiert werden und frisches Blut steht zum wettkampfnahen Einsatz zur Verfügung.
Nachweis
Das IOC setzte Blutdoping für die Olympischen Spiele ab 1986 auf die Liste der verbotenen Methoden. Der Nachweis einer autologen oder homologen Bluttransfusion gelingt nicht mit der Sicherheit, die bei Dopingkontrollen zu fordern ist. Berglund hat darüber auf dem Weltkongress für Sportmedizin in Brisbane 1986 vorgetragen. Er hält es für möglich, innerhalb der ersten 2 Wochen nach Reinfusion 50% der manipulierten Sportler zu entdecken, da es zu einem 60%igen Abfall von Erythropoetin im Serum sowie einem (signifikanten) Anstieg von Serumeisen, Bilirubin und Hämoglobin kommt (Berglund 1987 [1]).
In ihrem Statement von 1988 stellt das IOC fest, dass es z. Z. keine ausreichend sicheren Tests gibt, Blutdoping zu entdecken. Es werden die sorgfältige Überprüfung der ärztlichen Ausrüstung bei der Einreise in ein Land und die Suche nach Injektionsstellen beim Sportler während der Dopingkontrolle als einzig gangbare Wege dargestellt. Zu welchen Konsequenzen die Entdeckung von Blutkonserven durch den Zoll oder die von Injektionsstellen während der Kontrollen führen soll, wurde nicht gesagt (IOC 1989).
Risiken
Blutdoping erhöht die maximale Sauerstoffaufnahme analog zur Zunahme der Hämoglobinkonzentration
(Berglund 1987 [2]). Es ist dem Höhentraining vergleichbar.
Die Bluttransfusion ist an eine aufwändige Infrastruktur mit kundigem Personal gebunden.
Es bestehen folgende Risiken bei autologer (= Eigenblut-)Transfusion:
- kein Risiko bei korrekter Handhabung
Bei heterologer (= Fremdblut-)Transfusion bestehen die folgenden Risiken:
- Unverträglichkeit mit allergischer Reaktion bis zur Schocksymptomatik,
- hämolytische Reaktionen,
- Auftreten von Fieber, Gelbsucht,
- Übertragung von Infektionskrankheiten (Hepatitis, Aids u. a.)
Quelle: Clasing, D. (Hrsg.): Doping und seine Wirkstoffe. Verbotene Arzneimittel im Sport, 2. Überarb. u. erw. Aufl. 2010, Spitta Verlag, Balingen